Schwarze Löcher sind zwar schwarz, da sie jegliches Licht verschlucken, welches auf sie fällt, aber ihre Umgebung kann sehr hell sein. So ist das Schwarze Loch M87* im Zentrum unserer Nachbargalaxie M87 von einem Mahlstrom aus Gasmassen umgeben, welche eine hell leuchtende Scheibe bilden, bevor sie in das Schwarze Loch stürzen. Von der Erde aus gesehen erscheint M87* aufgrund der großen Entfernung allerdings winzig. Der Winkeldurchmesser entspricht dem eines von London aus betrachteten Stecknadelkopfs in New York.
Um die Scheibe abbilden zu können, musste die EHT-Kollaboration sieben Radioteleskope, die verteilt über die ganze Erde aufgestellt sind, zu einem einzigen, erdgroßen Teleskop zusammenschalten. Nur so konnte die nötige Winkelauflösung erreicht werden, die es erlaubte, ein Bild der Umgebung von M87* zu erhalten. Dieses Bild zeigt nicht nur die spektakuläre Gasscheibe mit dem Schatten des Schwarzen Lochs in der Mitte, sondern erlaubt es auch, Eigenschaften des Schwarzen Lochs zu bestimmen, sowie physikalische Theorien zu testen, wie die für Schwarze Löcher maßgebliche Allgemeine Relativitätstheorie.
Die Messdaten der sieben Radioteleskope ergeben dieses Bild nicht direkt. Die Petabyte an Rohdaten, mussten zu einem Supercomputer gebracht werden, wo sie korreliert und kalibriert wurden. Die Daten beschreiben daraufhin, wie stark die Helligkeitsverteilung des echten Bildes bestimmte Wellenmuster enthalten. Hierbei sind Orientierung und Länge der vermessenen Wellen durch den Abstand der Teleskope gegeben. Hat man alle Wellenmuster eines Bildes gemessen, kann man leicht aus diesen das Ursprungsbild errechnen. Allerdings bleiben nach dem Zusammenführen der Rohdaten nur wenige Kilobyte an Daten übrig, was nur einem winzigen Bruchteil der vollen Bildinformation entspricht. Daher mussten zur Berechnung des Ursprungsbildes plausible Annahmen gemacht werden, z. B. dass dieses sich nicht erratisch von einem Ort zum nächsten ändert. Damit gelang es der EHT-Kollaboration mittels aufwändiger Rechnungen, das bekannte Bild von M87* zu erhalten.
Mit genau diesen unvollständigen Daten konnte nun das Team von Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Astrophysik ein frequenzaufgelöstes Video der Gasscheibe um M87* errechnen. Dafür nutzten die Wissenschaftler die Tatsache, dass die Beobachtungskampagne eine Woche umfasste, während welcher sich die Gasscheibe wandeln konnte. Zwar beträgt die Ausdehnung der Scheibe einige Lichttage, doch strömt das Gas darin auch mit einem signifikanten Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit.
Der Video-Algorithmus kombiniert das Wissen über die Positivität von Helligkeiten mit deren Korrelationen in Zeit, Raum und Frequenz, um nicht nur einzelne Bilder, sondern ein spektral aufgelöstes Video zu generieren.
Das neue Video zeigt, dass sich die Helligkeitsverteilung der Gasscheibe um M87* innerhalb von einer Woche leicht ändert. Somit erlaubt es einen neuen Blick in das zeitveränderliche Universum. Ein besonders spannendes Ziel für zukünftige Anwendungen ist Sagittarius A*, das super-massive Schwarze Loch im Zentrum unserer Milchstraße. Da es deutlich kleiner ist als M87*, verändert es sich auf Zeitskalen von Minuten, was die Anwendung herkömmlicher Bildgebungsmethoden unmöglich macht.
Kontakt: Philipp Arras